Antworten der Wirtschaftswissenschaft auf den Versuch eines Paradigmenwechsels

Wenn ein wissenschaftliches Paradigma nicht mehr in der Lage ist, auf drängende Fragen eine Antwort zu liefern, wird es abgelöst. Es weicht einem neuen Erklärungsmodell, das die alten hermeneutischen Selbstverständlichkeiten aufbricht und die Welt in einem neuen Licht sehen lässt. Der normale Wissenschaftsbetrieb, der in der kontinuierlichen Wissensanhäufung im Rahmen vorgegebener Prämissen besteht, wird revolutioniert. Neue Axiome und Leitfragen setzen sich durch. Außenseiter spielen dabei eine führende Rolle, bis sie, nach gelungenem „Paradigmenwechsel“, plötzlich im Mittelpunkt stehen. Früher oder später wird nach der bekannten These von Thomas S. Kuhn (1962/1976) der evolutionäre Gang jeder Disziplin („Normalwissenschaft“) durch eine „wissenschaftliche Revolution“ dieser Art unterbrochen.

In den Wirtschaftswissenschaften schien dieser Zeitpunkt Ende der 1960er Jahre gekommen zu sein. Davon waren nicht nur Außenseiter, sondern auch zahlreiche „Insider“ des Faches überzeugt. Sie sahen eine wachsende Diskrepanz zwischen den politischen und wirtschaftlichen Problemen ihrer Zeit und den Lösungen, die ihre Disziplin anzubieten hatte. Zwischen der „technischen Eleganz“ des traditionellen Theoriegebäudes und dessen „praktischer Irrelevanz“ erkannten sie eine Kluft, die nicht durch vermehrte Forschungsanstrengungen innerhalb des gegebenen Erklärungsmodells zu überwinden sei (so z.B. Vogt,1973b, S. 180). Ein Paradigmenwechsel erschien unerlässlich.

Autor

Prof. Dr. Hermann Sautter

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