Seelsorgliche Überlegungen zum Thema Organtransplantation

... Machen wir uns die veränderte Ausgangssituation in der Intensivmedizin klar: lange Zeit war der Stillstand von Herz und Kreislauf irreversibel und damit das sichere Kennzeichen, daß die Grenze vom Leben zum Tod überschritten war. Zwar wußte man: es ist noch nicht alles Leben erloschen, aber der Rubikon ist überschritten, der Organismus zusammengebrochen, ein Zurück unmöglich. Es wird dann auch in der Regel nach kurzer Zeit anschaulich: Totenflecken (die livores mortis) und Totenstarre (rigor mortis) lassen es sinnenfällig werden: dieser Mensch ist tot ... Im Jahre 1968 hat dann eine ad-hoc-Kommission der Harvard Medical School eine bedeutsame Erklärung abgegeben. Die amerikanischen Wissenschaftler, deren Votum bald weiteste Anerkennung fand, beschreiben das coma dépassé als neues Todeskriterium. Da es undenkbar ist, daß ein Mensch, dessen Hirn vollständig und irreversibel geschädigt ist, jemals aus diesem Zustand zurückfinden kann, wird nun – seit der Harvard-Erklärung von 1968 – der Hirntod als Kriterium verstanden, das dem Arzt den Tod des Menschen anzeigt ...

(Diesem Aufsatz liegt die Antrittsvorlesung von Prof. Herbst an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald am 15.1.1998 zugrunde)

Autor

Prof. Dr. Michael Herbst

Dateien