Interview der Zeitschrift "Bausteine" mit Jürgen Spieß

Inwiefern kann der Dialog helfen, Wahrheit herauszufinden?
Ich gehe davon aus, dass jedes Gespräch darauf zielt, Wahrheit erkennbar zu machen. Jeder möchte nach einem Gespräch mehr wissen als vorher. Das heißt aber nicht, dass durch den Dialog Wahrheit entsteht. Man kann entweder auf der gleichen Basis versuchen, Wahrheit herauszufinden. Oder der eine ist in einem bestimmten Punkt weiter und sagt, was er bisher als Wahrheit erkannt hat bzw. wo noch Fragen offen sind.

Können Christen den Wahrheitsanspruch von Jesus mit einer Haltung der Toleranz vereinbaren?
Ich kann und muss niemanden gewaltsam bekehren. Die Wahrheit lässt sich nie mit Gewalt vermitteln. Wer glaubt, dass zwei und zwei sieben ergeben, den kann ich auch unter Strafandrohung nicht zwingen, anders zu denken ...

Es ist heute leichter zu sagen „Jesus ist für mich die Wahrheit“ als zu behaupten „Jesus ist die Wahrheit“. Das wirkt intolerant.
Es wäre ein merkwürdiger Egoismus, die Wahrheit zu kennen, sie aber zu verschweigen, weil das Weitersagen zu mühsam ist. Dass ich etwas für wahr halte, ist das eine. Das andere ist, wie ich dies weitergebe. Toleranz ist ein positives Ertragen des andern, nicht nur ein Gewährenlassen oder Teilnahmslosigkeit. Toleranz hat auch damit zu tun, wie weit ich darunter leide, dass andere Menschen in meinem Umfeld keine Christen sind. Es ist weiter wichtig, dass ich auf die Lebensgeschichte des Gegenübers eingehe. Ich habe zwar die Absicht, bei Gelegenheit andern etwas über Jesus zu sagen. Aber ich möchte es nicht in einer bedrängenden Weise tun ...

Autor

Dr. Jürgen Spieß

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