Was lehrt uns die internationale Finanzkrise?

Am 27. Januar dieses Jahres beschloss der Deutsche Bundestag, dass jedem Besitzer eines alten Autos € 2500,– aus der Staatskasse zu zahlen seien, wenn er seinen Wagen verschrotten lässt und einen neuen kauft. Unsere Abgeordneten haben ferner mehrheitlich dafür gestimmt, die Branche der Gebäudereiniger in die Bestimmungen des so genannten "Arbeitnehmerentsendegesetzes" aufzunehmen und damit den westdeutschen Beschäftigten in dieser Branche den Anspruch auf einen Mindestlohn von € 7,87 pro Stunde zu verschaffen; im Osten sind es € 6,86 pro Stunde. Im Mai dieses Jahres hat der Bundeswirtschaftsminister mit ausländischen Investoren über den Fortbestand eines großen Automobilwerkes verhandelt. Dabei ging es um Staatsbürgschaften in Milliardenhöhe.

Das sind drei willkürlich herausgegriffene Beispiele für das, was man gemeinhin "Wirtschaftspolitik" nennt. Hat man diese und vergleichbare Fälle vor Augen, dann drängt sich der Eindruck auf, "Wirtschaftspolitik" sei vor allem der Versuch, durch punktuelle Entscheidungen, die auf jeweils aktuelle Probleme bezogen sind, das wirtschaftliche Geschehen im Interesse sicherer Arbeitsplätze und steigender Einkommen zu lenken. In Zeiten der Krise wird dabei vor allem ein Krisenmanagement gefordert. Die Wirtschaftspolitik soll aktiv werden, wo der Markt stagniert; sie soll für öffentliche Aufträge sorgen, wo private Aufträge ausbleiben; sie soll Gelder bereitstellen, wo Banken keine Kredite vergeben; und sie soll Firmen retten, die vom Untergang bedroht sind. Kurz: Von der Wirtschaftspolitik wird erwartet, dass sie leistet, was die Wirtschaft nicht leistet, was aber von ihr erwartet wird.

Autor

Prof. Dr. Hermann Sautter

Dateien