30.11.2010

„Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ... hat sich das Deutsche Volk ... dieses Grundgesetz gegeben“. So beginnt die Präambel, der Vorspruch zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949; ähnliche, teilweise noch ausführlichere Formulierungen finden sich in den Verfassungen mehrerer deutscher Bundesländer. Weder die Paulskirchenverfassung von 1849 noch die Reichsverfassungen von 1871 und 1919 kannten einen derartigen „Gottesbezug“, wie er in der Wendung „Verantwortung vor Gott“ zum Ausdruck kommt. Nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Urteil zum Grundlagenvertrag vom 31.7.1973 im Zusammenhang mit dem Wiedervereinigungsgebot) besitzt auch die Präambel des Grundgesetzes eine Rechtssatzqualität; sie ist also nicht nur eine unverbindliche und damit unerhebliche Meinungsäußerung der Verfassungsväter aus ferner Zeit. Aber was für eine Bedeutung hat dieser Gottesbezug heute und was sagt er über unser Staatswesen aus? Die Meinungen hierüber gehen weit auseinander. Handelt es sich hierbei um eine christliche Verankerung unserer Verfassung, oder ist dieser Bezug in einem pluralistischen Staat überflüssig?

Autor

Dr. Wilfried Lagler

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