Nietzsches Tiefenhermeneutik des neuzeitlichen Atheismus

Der sachliche Gehalt in Nietzsches Formel vom ‚Tod Gottes’ ist mit Heidegger vom vulgären Atheismus abzurücken. Auch nicht zu verwechseln ist er mit der Position eines dogmatischen Atheismus. Richtig ist, von Nietzsches methodischem Atheismus zu sprechen, der bibelkritisch und naturwissenschaftlich inspiriert ist. In der Nachfolge von Kant weiß er, daß Gottes Nichtdasein unbeweisbar ist. Mit dem durchdringend erschütternden Wort vom ‚Tode Gottes’, das für viele Nachfolger Nietzsches willkommene Parole für einen naiven dogmatischen Atheismus wurde, hat er sich nicht angemaßt, über Dasein oder Nichtdasein Gottes befinden zu können. Vielmehr hat er im Formulieren dieser Parole wie in einem Paukenwirbel das heimliche und in seiner Sicht gefährliche Absterben des Gottesglaubens im Bewußtsein der Moderne aufzeigen wollen.

Autor

Prof. Dr. Edith Düsing

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