Stumme Zeugen für Passion und Auferstehung

In einer Untersuchung, die über Jahrzehnte einflussreich war, kam Hans Graß zu dem Urteil: „Ist die Historizität des leeren Grabes [Jesu] nicht gesichert, dann sollte man auch auf den Zeichencharakter des leeren Grabes keinen Wert legen. Muss es schon zweifelhaft bleiben, ob Gott den ersten Jüngern dieses Zeichen gewährt hat, so hat für uns dieses Zeichen erst recht keine Bedeutung mehr, denn uns ist dieses Zeichen nicht mehr unmittelbar gegeben, wir haben nur noch Be-richte davon, an denen die Kritik nagt“. So etwa dürfte weiterhin die Mehr-heitsmeinung in der deutschsprachigen Exegese lauten. John D. Crossan sieht in den Grablegungsberichten der Evangelien „nicht erinnerte Geschichte“, sondern „die Erfüllung von Wunschträumen mit apologetischer und polemischer Ten-denz“. Er hält es für möglich, dass Jesu Leichnam entweder am Kreuz den Aas-vögeln oder in einem nachlässig ausgehobenen Erdgrab streunenden Hunden zum Opfer gefallen ist. Nun behauptet die christliche Tradition aber, nicht nur den Kreuzigungsort Golgatha, sondern auch das leere Grab Jesu zu kennen. Kritik an den heiligen Stätten, die bis heute innerhalb der Jerusalemer Grabeskirche gezeigt werden, ist allerdings nicht erst in der Neuzeit geäußert worden ...

Autor

Prof. Dr. Rainer Riesner

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