Friedrich Nietzsche, ein über jeden christlichen Fortschrittspessimismus erhabener antichristlicher und in vieler Hinsicht „prophetischer“ Geist, schrieb bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts, dass die Naturwissenschaft der Welt ihren Untergang bereiten wird. „Dabei geschieht es allerdings, dass die nächste Wirkung die von kleinen Dosen Opium ist: Steigerung der Weltbejahung“. Der Mensch, der Gott „getötet“ habe, sei dazu freigesetzt und verurteilt, sein eigener Gott und Schöpfer zu sein und sich als sein eigenes „Kunstwerk“ hervorzubringen. Er müsse das mit einer Gewalt und wachsenden Geschwindigkeit tun, die keine Zeit mehr lasse, dass er sich besinnt auf das, was er tut, ja der auf sich selbst geworfene Mensch ohne Gott habe geradezu Furcht davor, inne zu halten und sich zu besinnen. Der Grund dafür sei – und das heute noch viel mehr als damals – vor allem darin zu suchen, dass man nicht mehr wisse, was die Ziele des wissenschaftlich-technischen Fortschritts sind. In dieser Krise der Ziele erklärt man den Weg, den „Fortschritt“ zum Ziel selbst, der nicht durch eine ethische Besinnung in seiner Geschwindigkeit gehemmt werden soll. Erste Aufgabe einer solchen Besinnung ist es jedoch, eine kritisches Bewusstsein für die ethischen Probleme, die dieser wissenschaftlich-technische Fortschritt aufwirft, zu wecken und zu fragen, ob wir überhaupt wissen, wohin uns der biomedizinische „Fortschritt“ führen soll.

Autor

Prof. Dr. Ulrich Eibach

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