Eine kritische Sichtung in konstruktiver Absicht
Angesichts der Breite von Gender-Mainstreaming(=GM)-Strategien und der Weite von GM-Definitionen ist es unmöglich, sich fundiert mit Gender-Mainstreaming auseinander zu setzen. Der vorliegende Gesprächsbeitrag setzt darum viel bescheidender und auch um einiges vorsichtiger an:
(1) Er versucht keine Definition von GM, die ja sofort als zu eng, zu weit oder in anderer Weise unzutreffend abgelehnt werden könnte. Der Beitrag versucht vielmehr Anliegen von GM zu identifizieren und lädt zum Konsens über diese ein.
(2) Die für GM unterstellten Ziele und Anliegen werden im Folgenden zu Kriterien, an denen Theorieelemente und Erscheinungsweisen von GM gemessen und überprüft werden können. Mögliche kritische Gesichtspunkte bezögen sich auf das eigene Selbstverständnis. Sie könnten dann auch nicht als Produkt eines falschen Bewusstseins abgewehrt werden. Sie wären nicht von außen an GM herangetragen, sie beträfen die Kohärenz und Konsistenz des eigenen Erscheinungsbildes und der GM-Theoriebildung.
(3) Mögliche Kritik vollzieht sich auf dieser Basis nicht als Diskreditierung, im Fallbeilmodus. Sie geschieht im Modus der Frage. Sie bestreitet nicht das grundsätzliche Recht von GM. Sie fragt allein, wo GM ggf. hinter den eigenen Zielen und Anliegen zurückbleibt und wo sie in sich widersprüchlich ist. Leitend ist dann die Frage, wie GM gewinnen kann – an Plausibilität, Attraktivität und Überzeugungskraft.
[theologische beiträge 51.Jg. (2020), 67-91]
Autor
Prof. Dr. Heinzpeter Hempelmann